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Freiheit, Gewissen

Bei den Wortmeldungen zu den Themen Freiheit und Gewissen sehen die Votanten tiefgreifende Unterschiede zwischen der persönlichen Einstellung der Christen zu ihrem Gewissen und ihrer Verantwortung einerseits und der Haltung der Kirche dazu andererseits. Für die Mehrheit der Votanten hat die persönliche Gewissensentscheidung Vorrang vor kirchlichen Gesetzen, wobei der Bezug auf biblische Orientierung, auf die Gebote Gottes als wichtig eingestuft wird. Der Kirche wird Bedeutung bei der Gewissensbildung zuerkannt, wobei die vorgetragenen Normen einsehbar und begründet sein müssen. Gegenüber der verantwortlich getroffenen persönlichen Gewissensentscheidung erwarten die Gläubigen vollen Respekt.

Das Gewissen ist für jeden Menschen die oberste Instanz. (G321-733-0)
Vorrang der Gewissensentscheidung vor dem Gehorsam. (G313-708-0)
Insbesondere bei den Themen Empfängnisverhütung, Ehelosigkeit der Priester und Ökumene war die einhellige Meinung der Gruppe konträr bzw. wesentlich kompromißfreudiger als die offizielle Kirchenlinie. (G321-726-0)
Die Kirche täte gut daran, den inneren Kompaß eines jeden Christen zunächst einmal zu respektieren, denn er ist auch Ausdruck für die Gegenwart Gottes in dieser Welt. (G361-818-0)
Die Gewissensentscheidungen orientieren sich an den Geboten Gottes und der Offenbarung. Sie dürfen nicht vom Egoismus diktiert werden. (G343-781-0)
Es muß u.E. unbedingt transparent werden, daß das kirchliche Lehramt eine wichtige Funktion für die Bildung und Formation des Gewissens hat, die persönliche Gewissensentscheidung aber nicht ersetzen kann. (G313-709-0)


Tatsächlich fühlen sich die Einsender nicht ernstgenommen in ihren Gewissensentscheidungen, nicht ernstgenommen und respektiert, sondern eher gegängelt und bedrängt; es wird ihnen von seiten der Kirche nichts zugetraut. Obwohl gerade heute im gesamtgesellschaftlichen Raum der persönlichen Entscheidung und Übernahme von Verantwortung eine so große Bedeutung zukommen, so hohe Anforderungen gestellt werden, trägt die Kirche wenig dazu bei, daß die Gläubigen diese Herausforderungen gerecht werden können. Die Kirche und die kirchliche Lehre in diesem Bereich werden dabei als nicht hilfreich, eher als hemmend, bevormundend, ja restriktiv erlebt. Nach einem Votum sind in Kirche und Gesellschaft restaurative Tendenzen wahrnehmbar, die sich bedrohlich auswirken.

Jahrhundertelang wurden wir, die Laien, von der ''Kirche da oben'' versorgt, d.h. vollgespickt mit Verhaltensregeln, Verboten und Geboten, Entscheidungsspielräume gab es nicht. (G225-498-0) Damit korrespondiert, daß Laien in der Kirche zu wenig wichtige Funktionen und Ämter ausüben dürfen. Statt dessen werden die Laien in ihrer Mündigkeit nicht ernstgenommen, bis hinein in Gewissensentscheidungen; hier wird zum Teil lebenslanger Druck verspürt, an Wahrhaftigkeit kirchlicher Erziehung gezweifelt. (G112-031-0)
Die aktuell auch in der Kirche anzutreffenden restaurativen Tendenzen in vielen moralischen Fragen sind unserer Auffassung nach dagegen Ausdruck von Zukunftsangst und Unbeholfenheit in einer sich ständig und immer schneller verändernden Zeit und geben keinen Raum dafür, die Anforderungen Gottes an uns situationsgerecht jeweils neu zu erspüren. Dies führt so weit, daß Menschen zunehmend das Gefühl äußern, keinen Raum mehr in der Kirche zu sehen, wo sie selbst vorkommen. Ja in vielen Fragen fühlen sie sich bevormundet und oftmals verurteilt, wo sie eigentlich Zuspruch und Verständnis suchen. (G361-838-0)
Wenn die Kirche nicht endlich lernt, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren, die Verantwortlichkeit dem eigenen Gewissen gegenüber zu tolerieren, so macht sie sich selbst unglaubwürdig. Niemand will eine Kirche der Verbote, des Scheuklappengehorsams. Unser Glaube soll nicht eingeschränkt werden durch ein religiös, theologisch untermauertes System von Verhaltenscodices. Ist unser Glaube denn so arm, daß unsere Obrigkeit glaubt, ihn nur durch Verbote und Gebote am Leben erhalten zu können? (G225-498-0)


Für die Votanten ist vor allem wichtig, daß Kirche das persönliche Gewissen und damit die Gewissensentscheidungen der Gläubigen respektiert und achtet. Sie wünschen sich mehr Zutrauen und Vertrauen in die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Christen, daß diese - bei allen menschlichen Schwächen und Unsicherheiten - den Anruf Gottes hören und umsetzen. Unterstützung bei der Gewissensbildung in den verschiedenen Lebensphasen durch Kirche ist erwünscht, aber dies solle Beratung und Hilfe zum Leben sein und nicht Reglementierung oder Bevormundung. Es wird auch darauf hingewiesen, daß Gewissensbildung nicht ein für allemal vollzogen und abgeschlossen sein kann, sondern vielmehr ein ständiger Prozeß ist, eine lebenslange Auseinandersetzung mit sich selbst, christlichen Werten und gesamtgesellschaftlichen Formen und Tendenzen.

Wir erwarten eine deutlichere Betonung der Gewissensfreiheit der Christen und Ermutigung zur Entscheidung von Einzelfragen aufgrund des christlichen Gewissens. (G313-709-0)
Gerade weil es immer schwieriger wird, die Vielfalt des Lebens in Grundaussagen letztverbindlich zu erfassen, kommt es zunehmend darauf an, Perspektiven zu eröffnen, die das Gewissen des einzelnen einbeziehen. Denn es ist etwas anderes, ob Menschen Gesetze erfüllen oder aber aus besserer Überzeugung handeln. (G361-838-0)
Die Kirche braucht mehr Vertrauen in das Gewissen der Christen. (G351-799-0) Andererseits muß sie klarmachen, daß heute oft egoistische Vorstellungen und Wünsche unter dem Deckmantel der eigenen Gewissensentscheidung durchgesetzt werden. Diese Klarstellung erfordert eine unermüdliche Auseinandersetzung, keine Anordnung von oben. ... Die Kirche muß ihren Gläubigen klar vermitteln, daß das Wort des kirchlichen Lehramtes eine wichtige Funktion zur Lebensorientierung und Bildung des christlichen Gewissens hat, dieses gebildete und ständig wache Gewissen aber nicht ersetzen kann. (G313-702-0)
... kein moralischer Fundamentalismus, sondern Hilfe zum Leben. (G361-838-0)
Auch scheint uns die Hl. Schrift ein geeigneterer Boden kirchlichen Miteinanders zu sein als das Kirchenrecht. Aufgabe Roms sollte es sein, Einheit in der Vielfalt zu bewahren.(SB-142-B)